Ein Arschloch ist selten allein

Gibt es eine wissenschaftliche Begründung für die epidemische Vermehrung von Arschlöchern, welche die Arbeitswelt, Vereine, Institutionen ... und im schlimmsten Fall sogar glückliche Familien vergiften? Ja, gibt es! Die Erklärung versteckt sich hinter dem klobigen Terminus der „Homosozialen Reproduktion“.

 

Kurz zusammengefasst: Wir alle suchen Menschen, die uns sozial ähnlich sind! Einerseits stellen wir dadurch eine (fast) unbeeinträchtigte Kommunikation sicher, da wir mit unseren unmittelbaren Mitmenschen „auf gleicher Wellenlänge“ sind. Wer will nicht über seine Interessen oder Anliegen mit jemanden sprechen, der das Thema mit uns verständnisvoll teilt? Ergo dürfen wir selbstsicher ausrufen: „Gleich und Gleich gesellt sich gern! Ich habe gleichgesinnte Menschen gesucht und gefunden!“ Andererseits hat die soziale Reproduktion eine wichtige Beruhigungsfunktion, durch sie wird es uns ermöglicht, sich in der ständig wandelnden Umwelt unverletzlicher zu fühlen. Gleiches oder Ähnlichkeiten nehmen wir schnell in ihrer Gesamtheit wahr, deshalb werden Situationen ohne schwierige Entscheidungsfindung bewältigt. Der Andere - das Gegenüber - wirkt vertraut. Dort finde ich mich rasch wieder! Seine Sprache ist meine Sprache, seine Werte sind meine Werte, sein Alter passt zu meinem Alter. Gemeinsamkeiten verbinden uns bewusst oder unbewusst!

 

Wer ein Arschloch sucht, wird eines finden

In der Personalaufnahme wird die homosoziale Reproduktion auf den Punkt gebracht: „Die passt nicht zu uns!“ Umgekehrt sagt die Bewerberin über das Bewerbungsgespräch: „Ich habe mich nicht wohlgefühlt!“ Was ist passiert? Firmen suchen Bewerber und Bewerberinnen, in denen sie sich wiederfinden. Objektive Personalentscheidungen bilden Jobzusagen kaum ab. Top-Qualifikationen, jahrelange Erfahrungen oder ausgezeichnete Dienstzeugnisse werden vom Tisch gewischt, wie ein Staubkorn beim Reinigen der Regale im Besprechungszimmer. Für Kandidaten auf eine offene Stelle oftmals völlig unverständlich und nicht nachvollziehbar sind die Auswirkungen des Mini-Me-Effekts. Immerhin standen im Inseratentext Anforderungen, die der Bewerber nachweislich über alle Maße hinaus erfüllte.

 

Der Mini-Me-Effekt entfaltet seine Kräfte nicht in Gestalt der Rationalität oder Kreativität, wie die Soziologin Rosabeth Moss Kanter, Professorin an der Harvard Business School, Ende der 70er Jahre ihn beschrieben hat. Nein, der Mini-Me-Effekt tritt uns in der Uniformität gegenüber! Als Zusammenfassung aller Anforderungen, die von der Firma nach außen abgelehnt werden, um in der Außenwahrnehmung als effizientes geführtes Unternehmen zu erscheinen. Der Wunsch, sich mit ähnlichen Menschen zu umgeben, ist so wirksam, dass sämtliche hochgesteckte Ansprüche - im Recruiter-Slogan „Wir nehmen nur die Besten“ - in sich wie ein Kartenhaus zusammenfallen. Vier Wochen später sehen wir im Internet die Stellenbesetzung auf der Firmenhomepage oder lernen als Branchenkenner die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle persönlich kennen, dann bleibt uns nur mehr das Kopfschütteln oder homerisches Gelächter für die Heimfahrt über. Deswegen sind nicht alle Recruiter Arschlöcher, aber der Mini-me-Effekt macht uns verständlich, warum wir oftmals bei einer Firma nicht aufgenommen werden. Noch trauriger ist der Umstand, dass Rosabeth M. Kanter nachgewiesen hat: Je höher die Hierarchieebenen, umso stärker tritt der Mini-Me-Effekt auf. Dort, wo er am wenigsten zu erwarten ist, da in den oberen Führungsebenen höhere Bildungsabschlüsse vorherrschen.

 

Selbst Arschlöcher lassen sich klonen

Die Beschreibung des sozialen Klonens, der Uniformität bzw. der homosozialen Reproduktion wurde knapp 20 Jahre vor dem Hausschaf Dolly beschrieben. Die Auswirkungen auf die Organisation sind eindeutig negativ, da Unternehmen Innovationen, Querdenker und mutige Menschen brauchen, um sich zu entwickeln und erfolgreich auf den Märkten behaupten zu können.

 

Der Klon-Effekt erweist sich als Stolperstein in der Personalentwicklung, aber schlimmer bis katastrophaler erweisen sich Arschlöcher unmittelbar am Arbeitsplatz. Sie kosten nicht nur der Kollegenschaft Nerven, sondern den Eigentümern viel Geld, insbesondere wenn sie Führungspositionen bekleiden. Schnell vermehren sie sich wie die Karnickel, wie eine unausrottbare Landplage, die niemand mehr in den Griff bekommt. Genial netzwerken Arschlöcher in der Firma untereinander und geben sich gegenseitig die Alibis für ihre Fehlhandlungen. Da Fieslinge meistens nicht mit fachlicher Kompetenz begabt sind und zur Faulheit neigen, feinden sie die Leistungsträger und „gute Leute“ im Unternehmen an. Selbstverständlich nicht öffentlich und nicht offensichtlich, dazu fehlt ihnen der Mut. Für die Kollegenschaft – für die Opfer – wird das Beschäftigungsverhältnis über kurz oder lang uninteressant, da ein positiv denkender Mensch, der geradlinig seinen Beruf ausübt, immer weniger emotionale Anknüpfungspunkte zu seinem Arbeitsplatz hat. Selbstkündigungen sind die Folge und die konsequente Vermehrung der Scharlatane und Selbstdarsteller werden von den Personalverantwortlichen zum System erhoben. Gute Mitarbeiter verlassen das Unternehmen bereits während der Probezeit; und altgedienten Betriebsangehörige versuchen, sich mit der erdrückenden Situation unauffällig zu arrangieren.

 

Unleidige Persönlichkeiten kosten Kollegen den Arbeitsplatz, gefährden den Erfolg des Betriebes und bringen den Eigentümer um viel Geld! Wenn es nicht optimal läuft im Unternehmen, dann suchen Sie nach Arschlöchern und entfernen diese, dazu brauchen Sie keinen Unternehmensberater um zigtausende Euros!

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